CO2-Reduktion im CHF-Portfolio – eine Quadratur des Kreises?

Das Asset Management der Zürcher Kantonalbank verwaltet auch Schweizer Aktien-, Obligationen- und Immobilienanlagen. Aufgrund der Besonderheiten des Heim­marktes ist es indes herausfordernd, CHF-Portfolios mit einem kontinuierlichen Reduktionspfad für Treibhausgase zu versehen – die Gründe.

Fabio Pellizzari

Die Gewichtsverteilung von CO2-Emissionen im Schweizer Aktienmarkt ist sehr ungleich (Quelle: iStock)

Die meisten aktiv verwalteten Swisscanto-Anlageprodukte (Anlagefonds und Anlagegruppen) der Produktlinien «Responsible» und «Sustainable» sind mit einem CO2-Absenkpfad versehen. Das heisst, die CO2e-Emissionen eines Portfolios müssen jährlich um mindestens 4% sinken. Die Anwendung des CO2-Absenkpfads auf ein reines CHF-Portfolio ist jedoch mit einigen Herausforderungen verbunden.

Das gilt etwa für nachhaltige Anlageprodukte, die mehrheitlich in grosskapitalisierte Schweizer Unternehmen im SMI investieren. Letztere Werte weisen punkto CO2e-Intensität einen grossen Vorteil gegenüber dem Zementhersteller Holcim auf. Denn die Zementproduktion ist sehr energieintensiv. Holcim kommt deswegen auf eine CO2e-Intensität von 2'722 Tonnen CO2e pro einer Million Umsatz (in USD). Das ist rund fünfmal mehr, als die CO2e-Intensität des nächstfolgenden Unternehmens Vetropack Holding. Holcim allein ist verantwortlich für 82 Prozent der CO2e-Intensität des gesamten Swiss Performance Index (SPI) (Stand: März 2024). Der SPI zählt rund 210 Titel, das Gewicht von Holcim beträgt lediglich 2,8%.
 

Emissionen von SMI-Werten (Quelle: Institutional Shareholder Services, Inc. (ISS ESG), emissions data for FY2022)

Einfach und schwierig zugleich

Aufgrund des grossen CO2-Fussabdrucks von Holcim kann eine leichte Untergewichtung von Holcim auf Portfolioebene in einem Portfolio aus Schweizer Large-Cap-Aktien oder Schweizer Obligationen eine deutliche Reduktion der CO2-Emissionen bewirken. Gleichzeitig ist es aber fast unmöglich, die Aktie überzugewichten.

Dies ist bedauerlich, da das Unternehmen verschiedene Reduktionsmassnahmen eingeleitet hat und seine Ziele von der Science Based Target Initiative überprüfen lässt. So will Holcim zum Beispiel den CO2 Ausstoss pro Tonne Zement bis 2030 um 22% reduzieren gegenüber dem Basisjahr 2018. Bis 2022 hat Holcim eine Reduktion von 4,8% erreicht. Im Jahr 2022 veräusserte Holcim zudem Vermögenswerte in Indien und Brasilien, was zu einem Rückgang der Intensität um insgesamt 37% im Jahr 2022 gegenüber 2021 führte.

Im globalen und regionalen Kontext kann ein Allokationsentscheid aufgrund der höheren Diversifikation innerhalb einer Vergleichsgruppe getroffen werden. Das bedeutet, dass Unternehmen wie Holcim übergewichtet und Zementunternehmen ohne Transitionsplan und mit höheren Intensitäten untergewichtet werden. Allerdings: Im Schweizer Anlageuniversum ist diese Option nicht gegeben, da es keinen zweiten Zementhersteller gibt.

Kleines Universum bei Schweizer Small & Mid Caps

Auch bei Schweizer Small und Mid Caps stellen sich Herausforderungen. So zählt der SPI Extra zwar rund 190 Titel. Gut die Hälfte davon ist jedoch wenig liquide. De facto stehen somit nur etwa 90 Titel zur Verfügung, die ausreichend liquide für Investments sind.

Verfolgt das Portfolio nun einen CO2-Absenkpfad, der sich am Pariser Klimaabkommen orientiert, kann es mittelfristig zu Schwierigkeiten kommen. Denn die CO2-Intensität dieser Unternehmen ist bereits sehr niedrig. Hinzu kommt: die Dispersion der CO2e-Intensitäten, das heisst die Unterschiede in den CO2-Emissionen zwischen den verschiedenen Unternehmen, sind im Small- und Mid-Cap-Segment weniger ausgeprägt als bei grossen Unternehmen. Die Möglichkeiten zur CO2-Reduktion durch Titelselektionen sind daher begrenzt. Um die definierten Klimaziele zu erreichen, ist man daher vor allem auf marktgetriebene CO2e-Reduktionsbeiträge angewiesen. Fakt ist aber, dass die Dekarbonisierung der Weltwirtschaft zu langsam voranschreitet. Nicht zuletzt deswegen haben wir bei den Swisscanto-Anlageprodukten mit Fokus aus Schweizer Small & Mid Caps vom <2-Grad-Ziel auf einen relativen CO2e-Reduktionsansatz umgestellt.

Eine begrenzte Auswahl herrscht auch bei indirekten Schweizer Immobilienanlagen. In diese Anlageklasse investieren wir sowohl in kotierte Immobiliengesellschaften, als auch in kollektivierte Immobiliengefässe. Das Anlageuniversum umfasst rund 15 bis 20 kotierte Immobiliengesellschaften sowie zirka 100 kollektive Vehikel. Da diese kollektiven Vehikel vorwiegend von Drittpartien verwaltet werden, hat das Asset Management der Zürcher Kantonalbank keinen direkten Einfluss auf die CO2e-Reduktion. Deshalb haben wir für diese aktive Responsible-Strategie von Beginn weg kein <2°-Ziel definiert, sondern eine fortlaufende CO2e-Reduktion ohne quantitative Vorgabe.

Mehr Luft dank Scope 3 und 4?

Die Einführung von Scope-3-Daten eröffnet Portfoliomanagerinnen und -managern mehr Handlungsspielraum die CO2e-Intensität in einem Portfolio kontinuierlich zu senken. Die Bilanzierung von Scope 3 ist umfassender und kann eine bessere Differenzierung zwischen den Sektoren ermöglichen, aber die Bilanzierungsmethode kann auch zu einigen unerwünschten Ergebnissen führen.

Auch sollten sogenannte Scope-4-Daten einfliessen, damit Anbieter CO2e-effizienter Produkten und Dienstleistungen nicht systematisch benachteiligt werden. Scope-4-Emissionen sind vermiedene Emissionen, die durch die Verwendung oder den Einsatz von kohlenstoffarmen oder emissionsarmen Produkten, Dienstleistungen oder Technologien entstehen. Leider ist die Verfügbarkeit von Daten noch sehr begrenzt.

In unserem nächsten Blog werden die Herausforderungen und Chancen von Scope-3- und Scope-4-Daten näher beleuchtet.